Der Leserbrief „Abkassieren – Kressbronns neue Klimapolitik“ vom 19.08.2021 stieß auf vielfältige Reaktionen. Die erste schon einen Tag vor der Veröffentlichung. Der Anruf vom Bürgermeister kam prompt und ohne Umschweife. Man legte mir nahe, den Leserbrief zurückzuziehen.
Nachdem ich mich weigerte und Konsens über die angeschnittenen Themen nicht absehbar war, kam von Herrn Enzensperger die Offerte, in der kommenden Bürgermeisterwahl gegen ihn anzutreten. Ein Angebot von hoher Tragkraft. Jedoch unrealistisch für mich als Empfänger. In der Antike wurde eine Offerte, die Status und Beachtung verspricht, jedoch unweigerlich zur Auslöschung des Gegenübers führt als „vergifteter Kelch“ bezeichnet. Und so muss ich diesen an mir vorübergehen lassen. Ich weiß, es gibt Anwärter, die Verwaltung können, Konsens vermitteln und Nachhaltigkeit konsequent umsetzen. Diese brauchen wir.
Obwohl das Telefonat zu früher Stunde der Verhinderung des Artikels galt, bin ich trotzdem dankbar für den Anruf. Es stellte sich heraus, dass nicht das Regionalwerk die Blockiergebühr an den Kressbronner Ladesäulen erhebt, sondern ein anderer Stromlieferant. Dieser kann – ohne Eigentum an der Ladesäule oder am Parkplatz davor – nach einer gewissen Standzeit zusätzlich zum bezogenen Strom eine Gebühr für das Belegen der Ladesäule erheben. Ob der Akku voll ist oder nicht. Bei Ladekartennutzern des Regionalwerks ist dies nicht der Fall. Nun gibt es kaum noch einen Grund für die Gemeinde, nicht auch selbst ihren Fuhrpark nach und nach auf E-Fahrzeuge umzustellen.
Kressbronn hat sich in den letzten Jahren viele Chancen zur CO2-Vermeidung entgehen lassen. Die Optionen aus dem ersten Energiebericht sind immer noch umsetzbar (www.energiekressbronn.de). Mir wurde vorgeworfen feige zu sein, da ich mich nicht in der Gemeinde engagiere, wie es andere tun. Ich möchte jedoch nicht gegen eine Mauer im Gemeinderat anrennen. Mein Angebot gilt weiterhin: in einer Arbeitsgemeinschaft verschiedener Fachdisziplinen und Einwohnern möchte ich zur Erstellung eines Leitbilds für die Gemeinde und der Umsetzung eines Nahwärmenetzes beitragen.
Ich bin sicher, hier gibt es noch mehr engagierte Bürger, die daran Interesse haben. Zunächst braucht es aber einen Beschluss im Gemeinderat, ein Budget und ein professionelles Standortgutachten, in dem die technischen Optionen und Kosten für den Umbau der Wärmeversorgung gegenübergestellt werden.
Bislang haben es meine Anfragen nicht in den Gemeinderat geschafft, sondern wurden bei der Pressestelle für Kommunikation und Bürgerbeteiligung im Bürgermeisteramt archiviert.
Wenn Leser dieses Artikels Lust haben, sich für die Umgestaltung und möglicherweise Erweiterung des Nahwärmenetzes einzusetzen, nehmen Sie Kontakt zum Bürgermeisteramt auf! In vielen Gemeinden besteht heute die Möglichkeit, Privathaushalte und Firmen an das öffentliche Wärmenetz anzuschließen. Dies hat nicht nur Vorteile fürs Klima, sondern spart hohe Kosten beim Austausch alter Öl- und Gasheizungen.
H. Kling (Die kleine See-Post vom 02.09.2021)