Klimakatastrophe im Gemeinderat

Letzte Woche stellte der Klimaschutzbeauftragte der Gemeinde Kressbronn, seinen Aufgabenbereich bei der BUND Jahreshauptversammlung vor. Nach einigen Monaten im Job geht es vorrangig darum, Defizite in der Verwaltung zu erkennen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

Ein Lageplan zum energetischen Standard der Gebäude in Kressbronn wirft jedoch schnell Fragen auf. Der Datenstand ist stark generalisiert und veraltet. Grünflächen sind u.a. als mit „sehr hohem Energiebedarf“ gekennzeichnet. Es gibt noch keinen Standort für eine Wärmezentrale oder ein Konzept für einen nachhaltigen Energieträger. Man ist bei der Planung eines Nahwärmenetzes also noch ganz, ganz am Anfang.

Der „1. Klimaschutzbericht der Gemeinde“ steht auf kressbronn.de zur Verfügung. Ein bemerkenswerter Schlag ins Wasser. Statt transparenter Daten zum Energieverbrauch, den verbundenen Kosten und dem CO2-Fußabdruck der kommunalen Liegenschaften lediglich Auskünfte darüber, dass wahrscheinlich die Gletscher schneller schmelzen, wenn’s wärmer wird und was Bund, Länder und Kressbronn so im Allgemeinen vorhaben, um hier gegenzusteuern. Ist das alles, was wir von dieser mit 50.000€ geförderten Stelle erwarten dürfen? 

Es wird Zeit für eine aktuelle Stunde im Gemeinderat, in der nicht nur Auskunft zum Einsatz fossiler Brennstoffe für die kommunalen Liegenschaften gegeben wird, sondern auch, was auf den Bürger zurollt, wenn mehr als 80% der Energieaufwendungen aus fossilen Brennstoffen stammen. Die Brennstoffpreise gehen gerade durch die Decke und wir dürfen diese für die kommunalen Einrichtungen mitbezahlen. Auch Praxisbeispiele sind angebracht, wie z.B. die Auswirkung auf die Betriebskosten, wenn eine Klimaanlage nachgerüstet wird, ohne gleichzeitig die PV-Leistung auf dem Dach auszubauen. Zahlen zum Rathaus liegen ja mittlerweile vor.

Ein ehrliches „Wir – also der Bürgermeister und der Gemeinderat – haben es leider verkackt“ wäre angebracht. Statt strategisch wichtige Energieprojekte umzusetzen, haben wir uns jahrelang gegen diesen Prozess gestemmt. Jetzt werden solche Projekte voraussichtlich teurer und länger dauern. Was kann Kressbronn realistisch bis zu welchem Zeitpunkt erreichen und wie legen wir hierfür Geld zurück? Das muss in einem Klimaschutzbericht stehen, zusammen mit der jährlich aktualisierten CO2-Bilanz. Dass sich die Bürger die Hände lieber mit kaltem Wasser waschen sollen, wie in der kleinen See-Post unlängst empfohlen, wird kaum die Klimakatastrophe stoppen.

H. Kling (Die kleine See-Post vom 21.07.2022)

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